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Architektonischer Grundriss eines Gebäudes in Schwarz-Weiß – Symbolbild für Wohnungsaufteilung, Mietflächenberechnung und Bedeutung der Mietkautionsversicherung im Mietvertrag.
01.09.2025 / Mieter

Die Wohnfläche im Mietvertrag

Ist Ihre Wohnung kleiner als im Mietvertrag angegeben? Die tatsächliche Wohnfläche entscheidet über Miete und Nebenkosten, nicht immer die Angabe im Vertrag. Falsche Angaben können für Mieter und Vermieter teuer werden. Dieser Artikel erklärt Ihre Rechte und wie Sie teure Konflikte vermeiden.

 

Warum ist die tatsächliche Wohnfläche oft wichtiger als die Angabe im Vertrag?

Für Ihre Nebenkostenabrechnung zählt jeder Quadratmeter Ihrer Wohnung, ganz gleich, was im Mietvertrag steht. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass für die Verteilung von Betriebskosten immer die tatsächliche Wohnfläche maßgeblich ist. Bei der Kaltmiete gilt hingegen eine andere Regel: Hier können Sie eine Mietminderung erst durchsetzen, wenn die Wohnung mehr als zehn Prozent kleiner ist als vereinbart. Dieser Artikel erklärt Ihnen die Details der BGH-Urteile und zeigt, wie Sie als Mieter oder Vermieter richtig handeln.

 

Die 10-Prozent-Regel: Ihr Recht auf Mietminderung

Der Bundesgerichtshof hat eine klare Grenze für Abweichungen bei der Wohnfläche gesetzt. Diese Regelung schützt Mieter vor erheblichen Falschangaben im Mietvertrag.

Weicht die tatsächliche Wohnfläche um mehr als zehn Prozent negativ von der Angabe im Mietvertrag ab, liegt ein erheblicher Mangel vor. Dieser Mangel berechtigt Sie als Mieter, die Miete zu mindern. Die Höhe der Minderung entspricht dabei dem prozentualen Anteil der Flächenabweichung. Ist Ihre Wohnung beispielsweise 15 Prozent kleiner als angegeben, dürfen Sie die Miete um 15 Prozent kürzen.

Dieser Grundsatz gilt auch, wenn im Mietvertrag eine ungefähre Angabe wie „ca. 80 Quadratmeter“ steht. Solche Formulierungen schützen den Vermieter nicht vor den Konsequenzen einer erheblichen Abweichung. Die Beweislast für die geringere Wohnfläche liegt allerdings beim Mieter. Sie müssen die Abweichung nachweisen, was oft eine professionelle Vermessung erfordert.

Was passiert bei Abweichungen unter zehn Prozent?

Liegt die Flächenabweichung unter der 10-Prozent-Schwelle, besteht in der Regel kein Anspruch auf eine Mietminderung. Eine Ausnahme gibt es nur, wenn der Vermieter eine bestimmte Wohnungsgröße ausdrücklich zugesichert hat. Das ist jedoch selten der Fall. Die bloße Angabe im Mietvertrag gilt juristisch nicht als Zusicherung einer Eigenschaft.

 

Nebenkosten: Warum hier jeder Quadratmeter zählt

Bei der Abrechnung der Betriebskosten hat der Bundesgerichtshof eine noch strengere Regel aufgestellt. Anders als bei der Kaltmiete gibt es hier keine Toleranzgrenze.

Für die Verteilung der Betriebskosten ist immer die tatsächliche Wohnfläche entscheidend. Diese Rechtsprechung hat der BGH in mehreren Urteilen bestätigt und damit eine frühere Praxis beendet. Es spielt keine Rolle, ob die Abweichung zur vertraglichen Angabe nur ein, fünf oder fünfzehn Prozent beträgt. Die Kosten müssen nach den realen Gegebenheiten verteilt werden, um eine faire und unverfälschte Abrechnung für alle Hausbewohner zu gewährleisten. Dies gilt sowohl für frei finanzierte Wohnungen als auch für den sozialen Wohnungsbau.

Das Bürgerliche Gesetzbuch (§ 556a BGB) legt fest, dass die Wohnfläche der Standard-Verteilerschlüssel für Betriebskosten ist, sofern im Mietvertrag nichts anderes vereinbart wurde. Fehlerhafte Flächenangaben führen unweigerlich zu falschen Nebenkostenabrechnungen. Das kann zu Widersprüchen seitens der Mieter oder zu ungerechtfertigten Nachzahlungen führen.

Eine Besonderheit stellen die Heizkosten dar. Laut Heizkostenverordnung müssen diese zu mindestens 50 und höchstens 70 Prozent nach dem tatsächlichen Verbrauch abgerechnet werden. Der verbleibende Anteil wird meist nach der Wohnfläche verteilt. Auch hier ist die korrekte Quadratmeterzahl für eine gerechte Abrechnung unerlässlich.

 

Wie die korrekte Wohnfläche Mieterhöhungen beeinflusst

Die Wohnfläche ist nicht nur für die laufenden Kosten von Bedeutung. Sie spielt auch eine zentrale Rolle bei Mieterhöhungen. Vermieter, die die Miete an die ortsübliche Vergleichsmiete anpassen wollen, müssen sich an den Vorgaben des Mietspiegels orientieren.

Die korrekte Wohnungsgröße ist entscheidend für die Einordnung der Wohnung in das richtige Mietspiegelfeld. Eine falsch angegebene, zu hohe Quadratmeterzahl kann dazu führen, dass eine Mieterhöhung unzulässig ist oder geringer ausfallen muss. Das gilt für Mieterhöhungen nach § 558 BGB (Anpassung an die Vergleichsmiete) ebenso wie für Erhöhungen nach Modernisierungsmaßnahmen (§ 559 BGB). Eine Mieterhöhung, die auf einer falschen Wohnfläche basiert, ist angreifbar.

 

Was tun bei Zweifeln an der Wohnfläche?

Wenn Sie vermuten, dass die Angaben in Ihrem Mietvertrag nicht stimmen, sollten Sie aktiv werden. Die folgenden Schritte helfen Ihnen, Klarheit zu schaffen und Ihre Rechte durchzusetzen.

Wie messe ich die Wohnfläche richtig?

Die Berechnung der Wohnfläche erfolgt in der Regel nach der Wohnflächenverordnung (WoFlV). Sofern vertraglich keine andere Norm wie die DIN 277 vereinbart wurde, gelten deren Bestimmungen. Die wichtigsten Regeln der WoFlV sind:

Flächen von Räumen mit einer lichten Höhe von mindestens zwei Metern werden voll angerechnet.
Flächen mit einer Höhe zwischen einem und zwei Metern (z. B. unter Dachschrägen) zählen zur Hälfte.
Unbeheizte Wintergärten und ähnliche Räume werden ebenfalls zur Hälfte angerechnet.
Balkone, Loggien, Dachgärten und Terrassen werden in der Regel zu einem Viertel, höchstens jedoch zur Hälfte angerechnet.

Wann brauche ich ein professionelles Gutachten?

Eine eigene Messung gibt Ihnen einen ersten Anhaltspunkt. Wenn Sie jedoch rechtliche Schritte in Erwägung ziehen, benötigen Sie einen gerichtsfesten Nachweis. Da Sie als Mieter die Beweislast tragen, ist ein professionelles Gutachten durch einen Architekten oder Sachverständigen oft unumgänglich. Welche Rechte habe ich als Mieter bei einer Abweichung? Bestätigt sich eine erhebliche Abweichung von mehr als zehn Prozent, haben Sie mehrere Möglichkeiten:

  1. Miete mindern: Sie können die Kaltmiete ab dem Zeitpunkt der Feststellung um den Prozentsatz der Abweichung kürzen.

  2. Miete zurückfordern: Zu viel gezahlte Miete können Sie für bis zu drei Jahre rückwirkend zurückverlangen.

  3. Nebenkosten korrigieren lassen: Unabhängig von der Höhe der Abweichung können Sie eine Korrektur der Betriebskostenabrechnungen auf Basis der tatsächlichen Fläche verlangen.

  4. Vertrag anfechten: Bei einer nachweislich vorsätzlichen Falschangabe durch den Vermieter (arglistige Täuschung) können Sie den Mietvertrag nach § 123 Abs. 1 BGB anfechten.

 

Die folgende Tabelle fasst die unterschiedlichen rechtlichen Konsequenzen für Miete und Betriebskosten zusammen:

BereichAbweichung < 10%Abweichung > 10%
KaltmieteIn der Regel kein MinderungsanspruchRecht auf Mietminderung
BetriebskostenAbrechnung muss korrigiert werden (tatsächliche Fläche zählt)Abrechnung muss korrigiert werden (tatsächliche Fläche zählt)

 

So vermeiden Sie Streit um die Quadratmeter

Die meisten Konflikte um die Wohnfläche lassen sich durch Transparenz und Sorgfalt von vornherein vermeiden. Sowohl Vermieter als auch Mieter können dazu beitragen.

Tipps für Vermieter

Eine exakte und nachvollziehbare Angabe der Wohnfläche im Mietvertrag ist der beste Schutz vor späteren Auseinandersetzungen. Lassen Sie die Wohnung vor der Vermietung professionell vermessen. Geben Sie im Mietvertrag an, nach welcher Methode (z. B. WoFlV) die Fläche berechnet wurde. Dies schafft Klarheit und beugt Missverständnissen vor. Seien Sie bereit, dem Mieter auf Nachfrage die Berechnungsgrundlage offenzulegen.

Tipps für Mieter

Prüfen Sie die Angaben zur Wohnfläche bereits vor der Vertragsunterzeichnung auf Plausibilität. Ein kurzer Blick in den Grundriss oder ein schnelles Nachmessen der Haupträume kann erste Zweifel ausräumen oder bestätigen. Scheuen Sie sich nicht, bei Unklarheiten nachzufragen. Wenn Sie nach dem Einzug eine erhebliche Abweichung feststellen, informieren Sie Ihren Vermieter schriftlich und suchen Sie das Gespräch, bevor Sie rechtliche Schritte einleiten.

Letztlich profitieren beide Seiten von korrekten Daten. Sie bilden die Grundlage für ein faires Mietverhältnis und verhindern, dass aus einer einfachen Zahl ein teurer und langwieriger Rechtsstreit wird.

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