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19.05.2025

Balkonkraftwerke in der Wohnung: Was Eigentümer wissen sollten

Mini-Photovoltaikanlagen, sogenannte Balkonkraftwerke, boomen – nicht zuletzt wegen steigender Energiepreise, wachsendem Umweltbewusstsein und staatlicher Förderung. Doch was in einem Einfamilienhaus meist problemlos funktioniert, kann im Mehrfamilienhaus schnell zum rechtlichen Zankapfel werden. Denn wer in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) lebt, muss sich nicht nur an gesetzliche Vorgaben, sondern auch an gemeinschaftliche Beschlüsse halten.

Das Amtsgericht Konstanz (Az. 4 C 425/22 WEG) hat sich mit einem typischen Fall befasst: Ein Balkonkraftwerk wurde ohne Zustimmung der übrigen Eigentümer angebracht – mit der Folge, dass dessen Beseitigung gerichtlich bestätigt wurde. Das Urteil wirft wichtige Fragen für Verbraucher auf: Darf ich als Wohnungseigentümer einfach ein Balkonkraftwerk installieren? Welche Rechte habe ich? Und was sollte ich im Vorfeld beachten?

 

Was ist ein Balkonkraftwerk?

Ein Balkonkraftwerk ist eine kleine Photovoltaikanlage, die oft an der Balkonbrüstung montiert wird. Sie speist den gewonnenen Strom direkt in das Hausstromnetz der angeschlossenen Wohnung ein – über eine Steckdose. Vorteile sind die einfache Installation, relativ niedrige Kosten (oft unter 1.000 €) und die Möglichkeit, zumindest einen Teil des eigenen Stromverbrauchs selbst zu decken.

 

Der konkrete Fall: Streit um ein Modul am Balkon

Im Fall des AG Konstanz hatten die Eigentümerinnen einer Wohnung ein Balkonkraftwerk an der Außenseite ihres Balkons montieren lassen – mit Zustimmung des Mieters, aber ohne Genehmigung der übrigen Eigentümer der WEG. Die übrigen Mitglieder der Eigentümergemeinschaft beschlossen daraufhin, rechtlich gegen diese Maßnahme vorzugehen. Der Streit landete vor Gericht.

Die Klägerinnen argumentierten, das Modul sei optisch unauffällig, der Eingriff minimal, und der Klimaschutz müsse bei der rechtlichen Würdigung eine Rolle spielen. Außerdem sei ein Balkonkraftwerk mit anderen privilegierten baulichen Maßnahmen – etwa E-Auto-Ladestationen – vergleichbar.

Das Gericht folgte dieser Argumentation jedoch nicht. Im Gegenteil: Die Klage wurde vollständig abgewiesen.

 

Die Kernaussagen des Urteils – kurz erklärt

Das AG Konstanz stellte klar:

  • Ein Balkonkraftwerk stellt eine bauliche Veränderung dar, für die nach § 20 Abs. 1 WEG die Zustimmung der übrigen Eigentümer erforderlich ist.

  • Diese Zustimmung lag nicht vor, weshalb die Montage als rechtswidrig eingestuft wurde.

  • Ein Anspruch auf Genehmigung konnte nicht aus dem Gesetz, insbesondere nicht aus § 20 Abs. 2 WEG (privilegierte bauliche Veränderungen) abgeleitet werden.

  • Auch Klimaschutzargumente oder die Berufung auf Art. 20a GG (Staatsziel Umwelt- und Klimaschutz) führten zu keinem anderen Ergebnis.

  • Die optische Beeinträchtigung durch das Modul reichte aus, um einen Nachteil für andere Eigentümer zu begründen – auch dann, wenn der Gesamteindruck der Fassade sich kaum veränderte.

 

Was bedeutet das für Wohnungseigentümer?

Das Urteil hat weitreichende Bedeutung für alle, die in einer Eigentümergemeinschaft wohnen und über die Installation eines Balkonkraftwerks nachdenken. Die wichtigsten Erkenntnisse:

Zustimmung ist Pflicht

Ein Balkonkraftwerk darf nicht ohne Zustimmung der übrigen Eigentümer montiert werden. Auch dann nicht, wenn es optisch dezent ist oder kein Eingriff in die Bausubstanz erfolgt.

Balkonkraftwerke sind (noch) nicht privilegiert

Anders als Wallboxen für Elektroautos oder barrierefreie Umbauten sind Balkonkraftwerke nicht als privilegierte bauliche Maßnahme anerkannt. Das bedeutet: Andere Eigentümer können ihr Veto einlegen – und müssen nicht zustimmen.

Optik zählt

Auch eine vermeintlich kleine optische Veränderung – etwa ein schwarzes Solarpaneel – kann als nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung gewertet werden. Das reicht aus, um einen Anspruch auf Genehmigung zu verhindern.

Kein grundrechtlicher Anspruch

Klimaschutz ist zwar ein anerkanntes Staatsziel, begründet aber kein individuelles Recht auf Installation einer PV-Anlage. Das hat das Gericht ausdrücklich betont.

 

So handeln Sie als Eigentümer richtig

Wenn Sie ein Balkonkraftwerk installieren möchten, sollten Sie folgende Punkte beachten:

Antrag stellen: Reichen Sie bei der Hausverwaltung oder der Eigentümerversammlung einen schriftlichen Antrag auf Genehmigung ein – möglichst mit technischen Details, Fotos und einer Begründung.

Gestaltung berücksichtigen: Achten Sie auf eine möglichst unauffällige Integration in die Fassade (z. B. Modulfarbe, Positionierung).

Einvernehmen suchen: Sprechen Sie mit Nachbarn und anderen Eigentümern frühzeitig. Zustimmung kann leichter erreicht werden, wenn die Maßnahme als unproblematisch angesehen wird.

Vorsicht bei Mieterwohnungen: Als Vermieter dürfen Sie nicht einfach einem Mieter die Installation erlauben, ohne selbst zuvor die Genehmigung der WEG einzuholen.

Keine „faktischen Zustände“ schaffen: Eine Installation ohne Genehmigung kann zu Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüchen führen – wie im Urteil geschehen.

 

Blick in die Zukunft – Änderung der Rechtslage möglich?

Politisch ist der Druck groß, die Energiewende auch im Bereich der Miet- und Eigentumswohnungen voranzutreiben. Es ist denkbar, dass Balkonkraftwerke künftig gesetzlich privilegiert werden – ähnlich wie E-Auto-Ladestationen. Bisher fehlt jedoch eine entsprechende Regelung.

Bis dahin gilt: Wer ein Balkonkraftwerk anbringen will, braucht die Zustimmung der Gemeinschaft.

So sinnvoll Balkonkraftwerke im Sinne von Nachhaltigkeit und Selbstversorgung auch sind – innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft gelten besondere Spielregeln. Wer diese missachtet, riskiert Konflikte, Klagen und im schlimmsten Fall Rückbauanordnungen.

Das Urteil des AG Konstanz schafft hier Klarheit: Balkonkraftwerke sind genehmigungspflichtige bauliche Veränderungen. Verbraucher sollten das ernst nehmen – und frühzeitig das Gespräch mit der Gemeinschaft suchen.